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Musterbuch der Stoffdruckerei H.W. Küster aus Minden

Mindener Museum Mindener Handel und Gewerbe Objekt im Fokus [12 F]
Musterbuch der Stoffdruckerei H. W. Küster aus Minden (Mindener Museum RR-R)
Herkunft/Rechte: Mindener Museum / Jannis König (RR-R)
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Beschreibung

Das Objekt im Fokus der Monate Januar und Februar ist ein Musterbuch der Stoffdruckerei H.W. Küster aus Minden. Es wurde wohl zwischen 1921 und 1960 eingesetzt, um Kunden einen Überblick über mögliche Muster und Farben für Leinen- und Baumwollstoffe zu geben. Die meisten Stoffmuster sind klassisch in Blau und Weiß gehalten. Es handelt sich vor allem um gepunktete symmetrische Muster oder abstrakte Ornamente. Die früher für den Blaudruck klassischen geblümten Muster sucht man dagegen nahezu vergeblich. Die Datierung des Objektes lässt sich zurzeit nicht eindeutig klären. Das Markenzeichen, das sich im Musterbuch findet, wurde zwischen 1921 und 1960 genutzt. Es bedarf hier weiterer Forschung, um das Alter des Objektes näher einzugrenzen.

Der Blaudruck ist ein traditionelles Verfahren, um weiße Leinen- oder Baumwollstoffe blau zu färben. Dabei entstehen auf blauem Hintergrund weiße Muster. Mithilfe eines Druck-Models wird zunächst eine wasserabweisende Schutzschicht auf einen Stoff aufgetragen. Nach der Trocknung wird der Stoff in ein Bad mit blauer Farbe getaucht. So werden nur die Stellen des Stoffes eingefärbt, die nicht zuvor bedeckt wurden. Erst danach wird die Schutzschicht wieder abgelöst. Im Ergebnis bleibt das geschützte Muster weiß, während der Hintergrund blau eingefärbt wird.

Diese Drucktechnik nennt sich Reservetechnik, weil die vor der Farbe geschützten Stellen „reserviert“ werden. Die typische blaue Färbung entstand beim Blaudruck ursprünglich durch den natürlichen Farbstoff Indigo. Dieser ermöglichte es, Stoffe in kalten Farbbädern einzufärben und so die aufgetragenen Schutzschichten nicht zu beschädigen.

Das Musterbuch stammt jedoch nicht mehr aus der Zeit, als im Blaudruck fast ausschließlich natürliches Indigo genutzt wurde. Das lässt sich an der ovalen Marke, die sich auf jeder Seite oben links befindet, erkennen. Diese Marke weist daraufhin, dass die Stoffe mit „Indanthren“-Farbe eingefärbt wurden. 1878 entdeckte der spätere Nobelpreisträger für Chemie, Adolf von Baeyer (1835-1917), die Entschlüsselung und die Synthese des natürlichen Indigos. Dank weiterer Forschungen anderer Chemiker gelang es der BASF (Badische Anilin- & Sodafabrik) schließlich 1901, mit „Indanthren“ einen synthetischen Farbstoff für den Textildruck preisgünstig herzustellen.
Zunächst wurde nur Indanthren-Blau produziert. Dieser Farbstoff konnte wie Indigo kaltverfärbt werden. Zudem war er deutlich widerstandsfähiger als das Naturprodukt. Neben dem blauen Farbstoff entwickelte die BASF andere Indanthren-Farbstoffe. Dies ermöglichte eine Farbvielfalt, die sich auch in dem Stoffmusterbuch wiederspiegelt. Die Nutzung industrieller Farbstoffe veränderte das Blaudruckgewerbe massiv.

Die Druckerei H.W. Küster, der das Musterbuch gehörte, stellte wie die meisten Blaudruckbetriebe in Deutschland ihre Produktion von Indigo auf Indanthrenfarben um. Da die Unternehmensgeschichte dieser Mindener Traditionsfirma bisher noch nicht geschrieben ist, ist offen, wann sich dieser Wechsel vollzog.
Die Anfänge des Unternehmens reichen bis ins Jahr 1820 zurück, als Heinrich Wilhelm Küster es in der Nähe des Simeonstores gründete. Dabei bot das Leinen-, Textil- und Bekleidungsgewerbe der beiden preußischen Provinzen Minden und Ravensberg eine beständige Nachfrage nach gedruckten Stoffen. Bereits 1734 hatte sich die erste Zunft für das Blau- und Schönfärberhandwerk gegründet. Damit konnte sich der Blaudruck in der Region schon sehr früh etablieren. Im Zuge der Industrialisierung gelang dem Unternehmen um 1850 der Umstieg von der handwerklichen zur industriellen Stoffdruckerei. Ende des 19. Jahrhunderts mechanisierten viele Stoffdruckereien ihre Produktion mit Hilfe einer neuartigen Blockdruckmaschine, der Perrotine. Diese ermöglichte es, noch schneller und effizienter zu produzieren. Die Mechanisierung erforderte deutlich weniger Personal, wodurch Personal- und Produktionskosten erheblich sanken. Der Ersatz des Kolonialproduktes Indigo durch das Indanthren-Blau reduzierte außerdem die Beschaffungskosten für Rohstoffe nochmals beträchtlich. Dadurch war die Stoffdruckerei Küster mit der Umstellung ihrer Produktion sehr erfolgreich. Spätestens seit Anfang des 20. Jahrhunderts zählte die Firma zu den bedeutendsten Blaudruckereien Deutschlands mit Kunden im Ausland. Der Erfolg hielt mehr als 100 Jahre an. Noch im Jahr 1950 war es der Firma möglich, in ein neues größeres Betriebsgebäude zu investieren. Doch seit Anfang der 1960er Jahre setzte ein massiver Strukturwandel in der deutschen Textilindustrie ein, vor dem auch die Stoffdruckerei Küster nicht verschont blieb. Die globalen Krisen zu Beginn der 1970er Jahre verschärften den Wettbewerbsdruck weiter. Als der Firma 1975 die Schließung drohte, kaufte der Konkurrent C. Kümpers & Söhne aus Rheine das Unternehmen auf. Doch nach einem schweren Brand musste H.W. Küster fünf Jahre später angesichts der zunehmenden Verlagerung der Textilproduktion ins europäische Ausland endgültig schließen. Damit ging eine 160jährige Tradition des Blaudrucks in Minden zu Ende.

Material/Technik

Papier & Stoff / Gebunden & Gedruckt & Eingeklebt

Mindener Museum

Objekt aus: Mindener Museum

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